„Wie ein Schulterklopfen aus der Branche!“ – Johannes Roth von Mimimi Games über ihre Doppel-Auszeichnung beim DCP und ihr neuestes Projekt Codename Süßkartoffel
Herzlichen Glückwunsch zur Doppel-Auszeichnung beim diesjährigen DCP. Desperados III ist das Beste Deutsche Spiel und euer Studio Mimimi Games gewinnt in der Kategorie Studio des Jahres. Was bedeuten Euch diese Auszeichnungen?
Extrem viel. Das ist eine wunderbare Wertschätzung, das wir nach – in diesem Fall – dreieinhalb, fast vier Jahren, in denen wir über das Projekt geredet und es dann produziert hat, am Ende noch einmal so eineAuszeichnung kriegen. Es ist auch so ein bisschen wie ein Schulterklopfen aus der Branche und auch eine kulturelle Anerkennung aus der Politik, die das ja auch fördert. Das alles ist fürs Team extrem wichtig. Den DCP dann als Bestes Spiel und als Bestes Studio zu gewinnen, ist natürlich irgendwie der königliche Doppelsieg für uns gewesen, mit dem wir auch gar nicht gerechnet haben. Aber es ist toll, dass der DCP zum einen den Inhalt würdigt, also das Spiel, zum anderen aber auch, wie es entstanden ist, im Team, als Studio. Das ist total geil für uns gewesen. Wir hätten es nur sehr gerne vor Ort gefeiert!
Desperados III erschien im Juni 2020, also mitten im Corona-Sommer. Wie hat sich die Pandemie auf die Schlussphase der Entwicklung ausgewirkt und wie seid Ihr damit umgegangen?
Arbeitstechnisch haben wir die Schlussphase des Projektes mit Homeoffice und anderen, den Pandemieregeln entsprechenden, Home-Office-Kombinationen tatsächlich noch sehr gut und sehr effizient hinbekommen.
Wir konnten das Spiel gut fertigstellen. Auch die DLCs, die wir danach noch entwickelt haben. Jetzt sind wir ja mit Codename „Süßkartoffel“, dem neuen auch von der Bundesförderung geförderten Projekt, in der Pre-Production. In den frühen, hochkreativen Phasen mit einem hybriden Büromodell, bei dem ein paar Leute im Office, ein paar Leute remote arbeiten, das Projekt zu fahren, ist sehr herausfordernd. Das ist einfach schwer kreativ zu bleiben.
Bei Desperados III war bereits alles entschieden, alles designt, also im Prinzip alles fertig. Es musste nur noch rund werden. Und das ging dann recht straight forward.
Finanziell kann ich das, finde ich, nie wirklich sagen. Also es gab bestimmt Nachteile im Retailgeschäft, das ist ja überall eingebrochen, der physische Handel hatte nicht geöffnet. Digital war er dafür stärker. Wir haben mit Shadow Tactics schon einen ähnlichen Titel rausgebracht, aber ob jetzt die Pandemie irgendeinen besonderen Einfluss auf den Release an sich hatte, das kann ich nicht bewerten.
Eine positive, schöne Randnotiz aber: wir haben viele E-Mails aus der Community und von Leuten, die Desperados III gespielt haben, bekommen, die uns geschrieben haben „Danke für dieses Spiel, das hat mich durch den Lockdown gebracht!“. Ich gebe zu, die Menschen dachten am Anfang der globalen Pandemie vielleicht, sie müssten jetzt Ärzt:in oder Pfleger:in sein– oder irgendwie mit anpacken. Aber in dem Moment ist mir noch einmal bewusst geworden, wie wichtig einfach auch Unterhaltung in solchen schwierigen Zeiten ist. Wie heilsam das sein und auch mein Zufluchtsort sein kann und dass Spieler:innen einfach auch mal eine gute Zeit haben und nicht immer alle Probleme dieser Welt mit sich herumtragen. Das hat mich und uns dann einfach sehr stolz gemacht.
Euer nächstes Spiel (Projektname „Süßkartoffel“) wird nach „Shadow Tactics: Blades of the Shogun“ und „Desperados III“ erneut ein Echtzeit-Taktik-Spiel. Hat das pragmatische Gründe, weil das Team darauf spezialisiert ist? Was könnt Ihr uns zum neuen Projekt schon verraten?
Im Kern ist es wieder ein Echtzeit-Taktik-Spiel. Das heißt, die Leute, die unsere Shadow Tactics- und Desperados-Spiele mochten, werden sich da wieder sehr wohl fühlen. Bei Shadow Tactics ging es ja darum, überhaupt dieses alte Genre wiederzubeleben. Desperados III war dann die zweite große Marke aus diesem Genre. Anfangs gab es da gewisse Dinge, die wir als Studio erstmal verstehen mussten. Es ist nämlich gar nicht so einfach, ein Genre zu durchdringen, was lange Zeit nicht mehr gespielt wurde.
Und jetzt ist der Ansatz dieses Echtzeit-Taktik-Genre einfach auch zu unserem eigenen Genre zu machen. Bei ein paar Sachen wissen wir schon jetzt, die werden sicher gut ankommen, wenn wir hier und da Dinge ändern oder wenn wir ein paar neue innovative Ideen mit reinbringen. Also geht es beim nächsten Spiel nicht mehr darum, etwas Altes wiederzubeleben, sondern dass es 100 Prozent Mimimi ist, also 100 Prozent von uns gemacht ist – und das Genre letztlich von uns „geowned“ wird. Zur Story kann ich leider noch nichts verraten! Nur so viel: Spieler:innen werden wieder viel schleichen können!
Mit „Süßkartoffel“ habt Ihr angekündigt, erstmals selbst den Vertrieb eines Spieles übernehmen zu wollen. Was sind die Gründe hierfür und welche Vertriebswege strebt Ihr an?
Das Wichtigste war jetzt erst einmal für uns, dass wir die Marke neu erfinden wollten. Wir wollten also eine neue IP schaffen und die Rechte daran auch halten, komplett in Deutschland bei Mimimi, und sie nicht verkaufen durch eine Fremdfinanzierung. Das heißt, diesmal ist die Finanzierung anders aufgestellt, die überhaupt erst durch die Bundesförderung möglich war. Dann sind alle Steinchen sozusagen auf einmal zusammengeklickt und es hat vom Timing genau gepasst. Wir haben als Investor, der am Projekt beteiligt ist, Kowloon Nights mit drin. Diese Kombination auf der finanziellen Seite hat es uns erst ermöglicht, die Marke zu behalten und das Spiel dann eben auch selbst zu vertreiben. Es war natürlich immer ein Traum. Und wenn das Studio die Finanzierung viel selbst stemmt, dann trägt es natürlich auch mehr Risiko, partizipiert dann aber am Ende auch mehr. Aber wir wollen diesen langfristigen Wert bei uns in der Firma erschaffen und auch lokal halten.
Ich muss aber auch sagen, ohne Daedaalic Entertainment und THQ Nordic, die ja traditionelle Wege gegangen sind, hätten wir es gar nicht so weit geschafft. Wir wollten jetzt diesen eigenen Weg gehen. Alles selbst machen. Gucken, was passiert. Vielleicht läuft’s besser, vielleicht auch schlechter. Auf jeden Fall werden wir schlauer und erfahrener sein. Und das motiviert uns einfach.
Der DCP fand in diesem Jahr erneut ausschließlich online statt. Wir hoffen sehr, dass Corona bald überstanden ist und wir 2022 wieder gewohnt miteinander feiern können. Welche Erfahrungen aus den Online-Preisverleihungen sollten wir bewahren und wie können die den DCP künftig weiter verbessern?
Also mal vorweg: ich bin natürlich kein Veranstalter. Ich finde, gerade die Events haben es sehr schwer, da doch jeder immer irgendwie eine Meinung zu ihnen hat. Aber ein Event wirklich auch durchzuführen, ist doch wirklich was ganz anderes. Beim DCP finde ich alles wirklich super, wo die Entwickler:innen und die Studios vorkommen und gewürdigt werden. Ich schätze es zum Beispiel sehr, wenn bei der Preisvergabe die Begründungen der Jury genannt werden. So etwas finde ich sehr wertvoll. Also alles, was sich individuell mit dem jeweiligen Content auseinandersetzt und würdigt, finde ich toll. Ich finde zum Beispiel auch die Videoeinspieler der Nominierten super. Ich glaube, in diesem Jahr waren die Namen der Entwickler:innen nicht angezeigt, vielleicht auch aus technischen Gründen, das wäre vielleicht so eine Kleinigkeit, die der DCP verbessern könnte.
Grundsätzlich denke ich, dass es dem DCP geholfen hat, diese digitale Reichweite wirklich breit auszusteuern und die Verleihung zu professionalisieren. Das war ja in der Vergangenheit auch schon so, dass manche Leute vor Ort dabei waren und andere haben eben online zugeschaut. Da war der DCP vielleicht sogar seiner Zeit voraus oder einfach modern aufgestellt. Die Verleihung lief in diesem Jahr auf YouTube und mit Begleitung von GameStar. Und das finde ich super, wenn so mehr Leute dran teilnehmen können.