„Die letzten Monate waren eine sehr überwältigende Zeit.“ – Toukana Interactive im Interview

Das Team von Toukana Interactive gewann in zwei Kategorien den diesjährigen DCP und schwimmt seitdem auf einer Erfolgswelle. Wie es ihnen seitdem ergeht, was sie aktuell planen und anderen Nachwuchsentwicklern raten, erzählen Sie im DCP-Interview.

Beim DCP konntet ihr Euch mit Eurem Erstlingswerk Dorfromantik über eine Doppelauszeichnung in den Kategorien „Bestes Debüt“ (dotiert mit 60.000 Euro) und „Bestes Gamedesign“ (dotiert mit 35.000 Euro) freuen und habt als Nominierte in der Kategorie „Bestes Familienspiel“ 20.000 Euro gewonnen. Spätestens seitdem seid Ihr in aller Munde – sogar das ARD-Kulturmagazin Titel Thesen Temperamente (ttt), berichtet über Euch. Wie geht Ihr mit Eurem Ruhm um?

Natürlich sind die letzten Monate für uns eine sehr überwältigende Zeit gewesen. Wir haben alle gehofft, dass die Veröffentlichung von Dorfromantik glatt läuft, wir weiter Spiele entwickeln können und dass unser kleines Studio sich etablieren kann. Dass es sich aber so gut entwickelt und wir, nachdem wir in mehreren Kategorien beim DCP nominiert waren, auch noch in zwei Kategorien die Jury überzeugen konnten, haben wir als eine große Wertschätzung empfunden. Als Ruhm empfinden wir es gar nicht unbedingt, viel mehr als eine Anerkennung und Bestätigung unseres kleinen Vorhabens.

 Toukana_Interactive_Team_Foto_Edit_Crop
Das Team von Toukana Interactive

Inwiefern hilft Euch die Mehrfachauszeichnung beim DCP und auch das Gesamtpreisgeld in Höhe von 115.000 Euro?

Für kleine Indie Studios ist es natürlich sehr schwer überhaupt erst einmal Leute zu erreichen. Mit einem oftmals sehr geringen Startkapital und manchmal gar keinem Budget für die Vermarktung der Spiele, gehen viele Spiele im „Grundrauschen“ der täglichen Veröffentlichungen unter, und so ist besonders toll, wenn durch eine Verleihung des in der deutschen Spielebranche wichtigsten Preises die Fachpresse, Entwickler, Publisher aber eben auch die Spielenden von unserem Spiel erfahren und es ihnen somit präsentiert und empfohlen wird. Das Preisgeld hilft uns selbstverständlich sehr, denn hiervon können wir zusätzlich zum Beispiel Marketingaktivitäten, Gehälter und die weitere Entwicklung finanzieren.

Wie steht es heute um Dorfromantik? Gibt es Pläne, das Spiel zu erweitern oder habt Ihr bereits eine Version 2.0 in Planung?

Dorfromantik ist für uns hochaktuell! Wir sind seit der Early-Access Veröffentlichung voll mit der Weiterentwicklung beschäftigt und planen die finale Fertigstellung im Frühjahr 2022. Zum Release waren schon alle grundlegenden Funktionen und Features im Spiel enthalten, um viele Stunden Spielspaß zu haben. Nun erweitern wir es mit weiteren Spielmodi, Verbesserungen in der Verständlichkeit, weiteren Sprachen, vielen neuen Inhalten und natürlich Bugfixes usw. Als nächstes wird zum Beispiel der von der Community lang ersehnte „Creative Mode“ kommen, in dem Spielende frei, ohne Kartenstapel-Limit und Aufgaben ihre Landschaften bauen können. Später folgen dann weitere Biome, mehr Aufgaben und neue Spielkarten. Zusätzlich können wir uns vorstellen, Dorfromantik auf weitere Plattformen zu bringen, damit beschäftigen wir uns im Moment auch. Im Großen und Ganzen wird uns Dorfromantik also noch einige Zeit beschäftigt halten, bevor wir unseren Blick auf ein neues Projekt richten werden.

 Dorfromantik_5
Screenshot von Dorfromantik

Und habt Ihr Pläne für ganz neue Projekte? Und wenn ja, welche?

Unsere Firma Toukana Interactive haben wir ja erst im Frühjahr 2020 gegründet und bevor wir uns für ein Projekt entschieden, hatten wir eine „Prototyping“-Phase. In dieser Phase, die ein paar Wochen dauerte, haben wir um die acht verschiedene Spieleprototypen entwickelt. Für jeden nahmen wir uns ein paar Tage Zeit und anschließend evaluierten wir, wie umsetzbar unsere Ansätze als längeres Projekt in einem vierköpfigen Team wären. Drei Prototypen schafften es dann in die engere Auswahl, darunter spielte man einen kleinen Fisch der durch einen fantastischen aber auch gefährlichen Ozean schwimmt. In einem anderen Prototypen steuerte man ein Wüstenschiff über Dünen und entdeckte interessante Orte. Der dritte Prototyp war Dorfromantik, für welchen wir uns letztendlich entschieden. Die anderen Prototypen haben wir uns sozusagen beiseitegelegt und werden vielleicht nach Dorfromantik an ihnen weiterarbeiten oder aber wir haben auch eine ganz neue interessante Idee. Auf jeden Fall gibt es noch keine konkreten Pläne für ein Projekt nach Dorfromantik.

Welchen wichtigsten Rat könnt Ihr anderen Nachwuchsentwicklern mit an die Hand geben?

Wir raten, dass man sich auf jeden Fall früh in der Entwicklung, am besten noch während der Entwicklung des Prototypen, Feedback einholt, um früh einzuschätzen, wie Spielende oder andere Entwickler ein Spiel aufnehmen. Dies hilft dabei, iterativ das Spiel zu verbessern und Probleme des Spielsystems, der Mechaniken oder der Motivation früh zu identifizieren. Es gehört natürlich zur Spielentwicklung dazu, dass man hier und da eine Idee, nachdem man sie ausprobiert, wieder ad acta legt oder noch einmal umarbeiten muss. Ein frühes Feedback kann manchmal davor schützen, schon viel Zeit und Aufwand zu investieren bevor man etwas wieder verwirft. Sicher hilft es auch klare, grundlegende Designrichtlinien für ein Projekt festzulegen, auf die man sich in Diskussionen immer zurückbesinnen kann. So kann man viel besser zusammen Ideen und Einwürfe nüchtern betrachten und auswerten und zusammen eine klare Vision verfolgen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist es, das Marketing nicht unterschätzen oder gar zu vernachlässigen, sonst ist es rein dem Glück oder dem Zufall überlassen, ob ein Projekt erfolgreich wird. Wenn man von Anfang an eine frühe Vermarktung des Spiels denkt und zum Beispiel darauf achtet, dass Screenshots immer schick aussehen oder Spielende/Testende schon Inhalte zeigen können, dann hilft das sicherlich. Das Ziel ist es, dass so viele, wie eben möglich, zum Release von dem Spiel erfahren und es auf dem Schirm haben. Zu guter Letzt raten wir, sich mit den vielen Förderungsprogrammen zu beschäftigen, die es in Deutschland in verschiedenen Bundesländern gibt. Wenn man sich für eine Medienförderung bewirbt und diese gewährt bekommt, dann kann man sich mit dem Fördergeld über Wasser halten und die Projektzeit finanzieren. Dadurch ist es möglich, sich zu einhundert Prozent auf das Projekt zu konzentrieren und sicherstellen, dass es so gut wie eben möglich wird. Wenn man zum Beispiel das Spiel nebenbei entwickelt und zusätzlich auch noch einen Job hat, um sich zu finanzieren, dann kann das sehr ablenken und alles verkomplizieren und ineffizient machen.