„Das muss ein Spiel mitbringen, um am Markt erfolgreich zu sein!“ – Interview mit der Juryvorsitzenden des Deutschen Computerspielpreis Prof. Odile Limpach

Prof. Odile Limpach begleitet den Deutschen Computerspielpreis schon viele Jahre, unter anderem als Jury-Mitglied. In diesem Jahr ist die Professorin am Cologne Game Lab der TH Köln und Co-Gründerin des Unternehmens SpielFabrique von den Ausrichtern des DCP in den Juryvorsitz berufen worden. Wie die diesjährige Sitzung der DCP-Jury unter ihrer neuen Leitung verlief und was ein Spiel mitbringen muss, um am Markt erfolgreich zu sein, erzählt uns Prof. Odile Limpach im DCP-Interview.

Sie sind von den Ausrichtern des Deutschen Computerspielpreises in diesem Jahr erstmals in den Juryvorsitz berufen worden. Was reizt Sie an dieser Aufgabe und wodurch zeichnet sich eine gute Jury-Arbeit aus?

Das ist keine leichte Antwort (lacht!). Ich möchte mit meiner Juryarbeit einen Beitrag leisten, die Entwicklerszene in Deutschland zu unterstützen und für mehr Sichtbarkeit zu sorgen, was aktuell in Deutschland entwickelt wird. Das ist wirklich eine schöne Aufgabe! Natürlich ist es auch spannend, auf diesem Wege neue Projekte und Teams zu entdecken. Der DCP ist ein großartiges Instrument, Deutschlands Games-Szene, und auch deren Protagonist*innen, ins Gespräch zu bringen. Das ist wichtig, denn die Branche wächst und wird immer diverser! Das Ecosystem „Videospiel“ ist mittlerweile extrem vielfältig.

Das Wichtigste für eine gute Juryarbeit ist es, sich Zeit zu nehmen und sich in Ruhe die Einreichungen anzuschauen. Wichtig ist es zudem, sich im Vorfeld die Jurykriterien genau anzuschauen, die in meinen Augen sehr gut strukturiert und definiert sind. Der DCP wurde in den letzten Jahren umfassend weiterentwickelt.

Jede und jeder in der Jury bringt auch immer seine ganz persönliche Sicht mit ein. Es gilt daher, gut abzuwägen, was mein eigener Geschmack ist und was mir die Kriterien für Bewertungsgrundlagen vorgeben. Das, was mir in diesem Jahr bei der Jurysitzung besonders Spaß gemacht hat, war es, die große Diversität an Meinungen zu berücksichtigen. Durch den Austausch mit anderen Jurymitgliedern, die einen ganz anderen Background haben als ich, konnte ich mir in vielen Fällen eine wirklich gute Meinung bilden.

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In diesem Jahr fand die Hauptjury-Sitzung aufgrund der Corona-Pandemie erneut digital statt. Was waren hierbei die größten Herausforderungen?

Ich muss an dieser Stelle erst einmal ein großes Lob an das Awardbüro des Deutschen Computerspielpreises bei der Stiftung Digitale Spielekultur aussprechen! Die haben das wirklich hervorragend durchgeplant und organisiert! Es hat technisch alles funktioniert, wir hatten alle Unterlagen, Dokumente, Links und Videos parat. Also alles, um als Jury gut arbeiten zu können. Damit ist einem als Jurymitglied wirklich sehr geholfen! Die größte Herausforderung bestand für mich in dem kollegialen Austausch via Bildschirm. Obschon alle Jurymitglieder diszipliniert waren und jede und jeder zu Wort kommen konnte. Aber trotzdem ist der Online-Austausch etwas anderes, als sich persönlich in die Augen zu sehen und miteinander zu diskutieren. Denn: eine Reihe von Wortmeldungen machen einfach letztendlich kein Gespräch aus.

 

Sie begleiten den Deutschen Computerspielpreis schon viele Jahre, unter anderem als Jurymitglied. Aus ihrer heutigen Sicht: Wie haben sich die Einreichungen im Laufe der Jahre bis heute entwickelt und verändert?

Die Qualität der Einreichungen! Wenn ich zurückblicke auf die allererste Jurysitzung des DCPs und dann sehe, was jetzt eingereicht wurde, dann sehen wir heute mehr Spiele in wirklich hoher Qualität. Dadurch wird die Juryarbeit natürlich nicht leichter. Ich persönlich finde es toll, dass immer spannende Innovationen dabei sind. Wir wissen alle, dass es nicht so superviele Entwickler in Deutschland gibt, und trotzdem gibt es immer wieder sehr schöne Konzepte, die anders sind, die einen ganz anderen Ansatz in der Grafik,i m Game-Design oder in der Technologie haben. Das finde ich sehr beeindruckend. Und ist ein Grund, warum ich so gerne in der Spielebranche bin.

 

Neben Ihrer Professur am Cologne Game Lab der TH Köln sind Sie Co-Gründerin des Unternehmens SpielFabrique, das sich als Accelerator-Programm für Start-ups und junge Unternehmen versteht. Von 2008 bis 2014 waren Sie außerdem Geschäftsführerin von Ubisoft – Blue Byte in Düsseldorf. Was muss ein Spiel mitbringen, um am Markt erfolgreich zu sein?

Ich wünschte, ich hätte eine Kristallkugel und könnte die Frage befriedigend beantworten! Meine Überzeugung ist aber, dass ein Spiel Erfolg haben kann, wenn seine Entwickler*innen ihre Zielgruppen kennen und wirklich gut verstehen. Das ist eine ganz zentrale Frage, denn nur so entstehen Communities zu den jeweiligen Spielen. Und aus diesen dann Spielerinnen und Spieler, die helfen, das Spiel durch Empfehlungen bekannt und besser zu machen. Das ist heutzutage extrem wichtig. Denn das beste Marketing, das man haben kann, ist die Empfehlung von Freunden und Bekannten. Ein weiterer wichtiger Punkt ist: Es muss kein AAA-Spiel sein, aber es muss eine besondere Sache haben. Es kann eine spezielle Art der Grafik, eine neue Art von Game-Design, von Gameplay-Elementen sein, ganz egal was. Ein Spiel sollte etwas ganz Besonders herauskristallisieren, was es einzigartig macht. Und dieses Besondere sollte man immer sofort erkennen können.

 

Wie kann Gewinn beim Deutschen Computerspielpreis hierzu beitragen?

Da sehe ich zwei Aspekte: Zum einen ist es die Aufmerksamkeit und Kommunikation, die ein Gewinn auslöst. Ein Sieg beim DCP ist wie ein Prädikat und gleichzeitig eine Empfehlung durch eine Jury. Auch mir geht es so. Wenn ich ein Spiel suche und sehe, dass es etwas gewonnen hat, also eine Anerkennung von einer professionellen Jury, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich das Spiel kaufe, größer als ohne Auszeichnung. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Auszeichnung durch den DCP ist die Auswirkung auf die Entwickler*innen. Denn wenn ein Entwickler-Team zum Preis auch ein Preisgeld erhält, dann investiert es dieses in sein nächstes Spiel. Und das Preisgeld verschafft unter Umständen genau die finanzielle Luft, aus einem sehr guten Spiel ein hervorragendes Spiel machen. Vielleicht weil er sich ein paar Monate mehr Entwicklung leisten kann. Und genau das kann den Unterschied ausmachen.

 

Bei all Ihren Tätigkeiten: bleibt da manchmal noch etwas Zeit, um selbst Spiele zu spielen und wenn ja, welche?

Ganz wenig! Ich schaue am liebsten meinen Kindern beim Computerspielen über die Schultern. Ich mag es gerne, wenn sie mir erklären, warum sie ein Spiel gut finden und immer wieder neue Spiele ausprobieren. Besonders in der Coronazeit spielen wir aber auch wieder mehr Boardgames. Diese haben so wieder einen neuen Stellenwert erlangt!