Mit Foldit gegen COVID-19: Brian Koepnick über das Zusammenspiel von Games und Wissenschaft
Durch Foldit können sich jährlich weltweit Hunderttausende Gamer engagieren, um mittels Citizen Science die Forscherinnen und Forscher zu unterstützen. In diesem Jahr würdigte die Jury des Deutschen Computerspielpreises das besondere Engagement der Macherinnen und Macher von Foldit im Kampf gegen COVID-19 durch die Verleihung des Sonderpreises der Jury. Durch Foldit wird es der Gamerszene weltweit ermöglicht, sich aktiv an der Suche nach einer medizinischen Lösung im Kampf gegen COVID-19 – in diesem Fall antivirale Protein – zu beteiligen. In einer ungewöhnlichen Umkehr von Wissenstransfer werden die vielversprechendsten Proteine durch das Institute for Protein Design an der University of Washington gegenwärtig nachgebaut und getestet. Foldit erhielt den Sonderpreis sowohl für den konkreten Beitrag im Kampf gegen COVID-19, als auch für die darüber hinausgehende Stärkung der Idee der Bürgerwissenschaften und die innovative Verbindung von Gaming und Forschung.
Jurymitglied Manouchehr Shamsrizi sprach mit Brian Koepnick, Research Scientist am Institute for Protein Design der University of Washington, an der inzwischen sogar ein Center for Game Science beheimatet ist, über das konkrete Projekt und prinzipielle Potentiale:
Worum geht es bei Foldit, wenn Sie es jemandem ohne Fachwissen in Gaming und/oder Biowissenschaften erklären würden?
Brian Koepnick: Foldit ist ein Protein-Faltspiel. Proteine sind biologische Moleküle mit komplexen Formen. Die Erforschung der Faltung von Proteinen ist wichtig für das Verständnis und die Behandlung von Krankheiten. Die Faltung eines Proteins ist ein bisschen wie ein Puzzle. Und wir haben herausgefunden, dass der Mensch ziemlich gut darin ist, Lösungen für das Puzzle zu finden. Indem sie Foldit spielen, können alle Menschen Forschern helfen, Krankheiten zu verstehen und zu behandeln.
Wie hat die COVID-19-Pandemie Ihre Arbeit beeinflusst?
Brian Koepnick: Wir haben unsere Forschung vorübergehend auf COVID-19 konzentriert indem wir die Foldit-Spieler herausfordern, neue Proteine zu entwickeln, die zur Bekämpfung von COVID-19 beitragen können. Wir hoffen, damit ein antivirales Protein zu entwerfen, das die Infektion mit COVID-19 verlangsamt. Oder wir könnten ein Protein entwerfen, das die Entzündung im Spätstadium bei schweren COVID-19-Fällen behandelt. Die Foldit-Spieler arbeiten seit Februar an diesen Problemen, und wir testen derzeit ihre Lösungen im Labor.
Was habt ihr in den vielen Jahren der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen der Welt der Wissenschaft und der Welt der Spiele gelernt?
Brian Koepnick: Gaming ist eine großartige Möglichkeit, Menschen für die Wissenschaft zu begeistern. Der „Durchschnittsbürger“ hat eine Menge zur wissenschaftlichen Forschung beizutragen, aber die meisten Menschen wollen kein Lehrbuch lesen oder gar promovieren. Wenn Sie ein wissenschaftliches Problem durch Spielen lösen können, wird es auch für Nicht-Wissenschaftler zugänglich. Häufig führt die Freude am Spiel zu einem echten Interesse an der Wissenschaft selbst.
Welche positiven Auswirkungen auf Wissenschaft und Forschung haben Projekte wie Foldit und weitere in der Zukunft?
Brian Koepnick: Ich hoffe auf mehr Projekte, die die Öffentlichkeit in die wissenschaftliche Forschung einbeziehen können! Das Problem der Proteinfaltung eignet sich sehr gut zum Spielen, aber es gibt noch andere Probleme, die wahrscheinlich auch davon profitieren könnten. Ich freue mich darauf, mehr von diesem Ansatz in verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen zu sehen.
Lieber Brian, vielen Dank für das Interview!
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