Computerspiele einschließlich anderer interaktiver Unterhaltungsmedien (Video-/Konsolen-, Online- und Handyspiele) haben in den letzten Jahren kon- tinuierlich an Bedeutung gewonnen. Sie sind in Deutschland wirtschaftlich, technologisch, kulturell und gesellschaftlich zu einem wichtigen Einflussfaktor geworden. Mit dieser Entwicklung ist eine multimediale Spielekultur entstan- den, die Ausdruck in der vermehrten Nutzung von Computerspielen und an- deren interaktiven Unterhaltungsmedien findet. Stattdessen haben zunehmend unabhängig vom Alter immer mehr Spielerinnen und Spieler aus allen Bevöl- kerungsgruppen Anteil daran. Computerspiele transportieren gesellschaftliche Abbilder und thematisieren eigene kulturelle Inhalte. Sie werden damit zu einem bedeutenden Bestandteil des kulturellen Lebens unseres Landes und sind prä- gend für unsere Gesellschaft.
Sowohl im Hinblick auf den weltweiten Umsatz von rund 30 Mrd. Euro als auch den Umsatz von rund 2 Mrd. Euro in Deutschland liegt der Computer- und Videospielsoftware-Markt inzwischen mit anderen Medienzweigen wie der Musik- oder der Filmindustrie auf einem ähnlich hohen Niveau oder zum Teil bereits darüber. Die Branche ist ein wichtiger Bestandteil der Kultur- und Krea- tivwirtschaft, gibt technologisch wertvolle Impulse für den audiovisuellen Sek- tor und besitzt für die Zukunft ein großes Innovations- und Wachstumspotenzial. In der Studie „Interaktive Inhalte und Konvergenz“ der EU-Kommission wird ein Wachstum von über 400 Prozent für kreative Online-Inhalte bis 2010 prog- nostiziert. Als wichtiger Standort für Kultur- und Kreativwirtschaft profitiert auch Deutschland von diesen Entwicklungen. Während Deutschland sowohl in Europa als auch international zu den umsatzstärksten Ländern für Computer- spiele gehört, haben nur wenig Produkte des internationalen Marktes ihren Ursprung in Deutschland. Momentan werden von den in Deutschland gekauften PC-Spielen nur zehn Prozent auch tatsächlich in Deutschland entwickelt, bei Konsolenspielen fällt die Anzahl mit zwei Prozent noch geringer aus. Länder wie Frankreich, Kanada, Korea oder die skandinavischen Staaten verzeichnen durch Förderung von Computerspielen mittels kultureller oder wirtschaftlicher Instrumente bereits Erfolge. Vor diesem Hintergrund begrüßt der Deutsche Bun- destag Bestrebungen einzelner Bundesländer, mittels eigener wirtschaftlicher Förderprogramme die Computerspielbranche zu unterstützen.
Neben einer häufig unzureichenden Kapitalausstattung und Entwicklungskapa- zität gibt es in Deutschland jedoch generelle Defizite im infrastrukturellen Bereich. Dies wiegt umso schwerer, als der Markt der interaktiven Medien überwiegend ein internationaler Markt ist. Die Produktionskosten für Spiele in der höchsten Qualitätsstufe erfordern Produktionsbudgets in zweistelliger Millionenhöhe und Entwicklungsstudios mit einer hohen Personaldichte – eine Rückführung solch hoher Investitionen ist nur über eine internationale Ausrich- tung möglich.
Die mangelnde Partizipation deutscher Produzenten und Anbieter am Wachs- tumsmarkt hat neben wirtschaftlicher auch kulturelle Bedeutung, da den Pro- dukten aus Asien und den USA ein anderer kultureller Kontext zu Grunde liegt als denen aus Deutschland/Europa. So werden in Deutschland vorwiegend Strategie- oder Sportspiele hergestellt. Daher sollten, aus wirtschaftlichen wie kulturellen Gründen, die Bedingungen für die Entwicklung von interaktiven Unterhaltungsmedien in Deutschland verbessert und interaktive Unterhaltungs- medien mit deutschem/europäischem kulturellem Hintergrund gefördert wer- den.
Aus kultureller, technologischer wie auch wirtschaftlicher Sicht liegen in der Unterstützung von Computerspielen auch für Deutschland besondere Möglich- keiten. Im Oktober 2007 hat der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien auf Aufforderung des Deutschen Bundestages „Überlegungen zur För- derung von qualitativ hochwertigen interaktiven Unterhaltungsmedien wie Computer- und Videospiele“ (Bundestagsdrucksache 16/7081) vorgelegt. Darin werden verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen, die in einer konzertierten Aktion von Publishern, Spielentwicklern, Einzelhandel und Politik getroffen werden sollen. Das Zusammenwirken von Wirtschaft und staatlichen Institutio- nen soll in Form einer klassischen Public-Private-Partnership ausgestaltet wer- den. Auf diese Weise können die gemeinsamen Ziele – grundlegende Verbesse- rung der Akzeptanz des Mediums, Vermittlung von Medienkompetenz, Stär- kung des Produktionsstandortes Deutschland und Verbesserung des Angebots an qualitativ hochwertigen interaktiven Unterhaltungsmedien, speziell mit deut- schem/europäischem kulturellem Hintergrund – optimal verfolgt und erforder- liche Maßnahmen getroffen werden.
Der Deutsche Bundestag begrüßt die geplante Errichtung einer Stiftung für interaktive Unterhaltungsmedien, die u. a. öffentlich aufzeigen soll, welche Chancen interaktive Unterhaltungsmedien bieten. Es erscheint lohnend, die Vielfalt des Angebots qualitativ hochwertiger interaktiver Unterhaltungsme- dien, speziell auch mit deutschem und europäischem kulturellem Hintergrund, durch geeignete Öffentlichkeitsarbeit zu fördern und sich bei Erfolg verspre- chenden Entwicklungskonzepten in diesem Bereich um Kapital für aufwändige und risikobehaftete Entwicklungen von Prototypen zu bemühen.
Darüber hinaus spricht sich der Deutsche Bundestag dafür aus zu prüfen, welche bereits existierenden Programme der Bundesregierung für die Förderung von in- teraktiven Unterhaltungsmedien, genutzt werden könnten. Die Multimedia- Technologieförderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi), das im März 2007 veröffentlichte Förderprogramm „IKT 2020 – For- schung für Innovationen“ oder die „KMU-Innovationsoffensive Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sind in diesem Zusammenhang zu nennen.
Auf europäischer Ebene gibt es, obwohl verschiedene Länder der Europäischen Union bereits individuelle Förderinstrumente in diesem Bereich haben, bisher nichts Vergleichbares oder auch Gemeinsames. Insbesondere mittels des zentra- len Förderprogramms der Europäischen Union im audiovisuellen Sektor (MEDIA 2007), welches noch bis 2013 läuft, könnte die Förderung des Berei- ches Computerspiele gewinnbringend sein.
Die Entwicklung von Computerspielen, ein Feld, in dem traditionell bisher eher Designer tätig waren, gewinnt für Künstler insgesamt als Arbeitsfeld an Bedeu- tung. Die Spiele nähern sich zunehmend dem Genre Film an, was dazu führt, dass immer mehr Aufträge an Komponisten, Musiker und Autoren vergeben werden. Dies wirkt sich zum einen positiv auf die Qualität der Spiele aus, zum anderen wird damit ein wichtiges Arbeitsfeld für Künstler erschlossen. Auch aus diesem Grund ist zu überlegen, ob bestehende Förderprogramme im audiovisu- ellen Bereich insbesondere auf europäischer Ebene eine entsprechende Erweite- rung erfahren sollten.
Besonders auch hinsichtlich einer verbesserten Medienkompetenz bietet die Förderung von Computerspielen eine wichtige Chance. Durch die Unterstüt- zung wertvoller Inhalte können vermehrt Spiele in das öffentliche Interesse rücken, die qualitativ hochwertig, pädagogisch wertvoll und gesellschaftlich erwünscht sind. Eine öffentliche Förderung kann die Vorteile einer positiv be- setzten Medienkompetenzvermittlung deutlich machen und trotzdem die Ver- antwortung jedes Einzelnen herausstellen. Die Prämierung von Spielen gibt in diesem Sinne wichtige Empfehlungen und Hinweise für Nutzer.
Der Deutsche Bundestag spricht sich aus diesen Gründen für die verstärkte För- derung qualitativ hochwertiger sowie kulturell und pädagogisch wertvoller Computerspiele aus.