„Der Dialog zwischen behinderten Spielenden und Game-Developern ist wichtig.“ Jurorin Melanie Eilert im DCP-Interview

Melanie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Themen rund um Inklusion. Sie selbst lebt mit Spinaler Muskelatrophie, einer stetig fortschreitenden Muskelschwäche, und nutzt seit früher Kindheit einen elektrischen Rollstuhl. Seit sie, nach mehr als 15-jähriger Abstinenz, im Sommer 2017 wieder zum Gaming gekommen ist, fokussiert sie sich insbesondere auf Inklusion im Bereich des Gamings. Sie twittert unter @melly_maeh darüber, bloggt gelegentlich auf meilert.net und bringt sich auch als Gastautorin oder Gesprächspartnerin bei anderen Medien ein. Im “echten Leben” ist sie eigentlich gelernte Bürokauffrau und arbeitet bei einem Assistenzdienst für Menschen mit Behinderung. Außerdem ist sie begeisterter Musical-Fan. In diesem Jahr ist sie als Jurorin beim Deutschen Computerspielpreis mit dabei.

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In diesem Jahr bist Du Jurorin beim Deutschen Computerspielpreis. Was macht ein Spiel aus deiner Sicht herausragend und damit auszeichnungswürdig?

Ich mag es, wenn Spiele es schaffen, mich für ein paar Stunden aus meinem Alltag zu holen. Spiele sind für mich deshalb besonders dann herausragend, wenn die Spielenden komplett darin eintauchen und für den Moment alles andere vergessen können. Das kann durch eine spannende Geschichte sein, die die Spielenden völlig fesselt, oder durch eine knifflige Geschicklichkeitsaufgabe, die sie immer weiter probieren bis sie sie endlich geschafft haben. Spiele haben durch ihre Interaktivität viele Möglichkeiten, die Spielenden abzuholen, und diese Möglichkeiten sollten sie nutzen.

Wie war es für Dich, an der Hauptjurysitzung teilzunehmen, die in diesem Jahr ausschließlich digital stattfand?

​​Ich war sehr gespannt auf die Online-Sitzung. Meine bisherige Erfahrung mit Videokonferenzen war eher mäßig, was die Verständlichkeit der Sprechenden und den geordneten Ablauf anging. Auf der Online-Sitzung waren wir über 40 Teilnehmer, eine so große Runde hatte ich bisher noch nie. Ich bin sehr positiv überrascht worden. Es gab wirklich wenig technische Probleme, Absprachen haben gut geklappt und alle waren verständlich. Die Auswahl der Gewinner hat unter dem Online-Format auf keinen Fall gelitten, schade war nur, dass es so keine Möglichkeit gab, in den Pausen mit den anderen Jury-Teilnehmenden zu plaudern.

Auf Deinem Blog www.meilert.net sowie in Interviews und Vorträgen machst Du die Gaming-Welt auf Spielerinnen und Spieler mit Behinderung aufmerksam und setzt Dich für das Thema Inklusion ein. Wie barrierefrei ist Zocken heute? Was hat sich in den letzten Jahren Positives getan und wo müssen Game-Developer und die Community noch „nachlegen“?

Ich bin noch gar nicht so lange wieder spielend aktiv. Irgendwann in meiner Jugend war ein Punkt erreicht, wo ich behinderungsbedingt die zu der Zeit aktuellen Controller sowie eine Computertastatur nicht mehr auf die von den meisten Spielen geforderte Weise bedienen konnte. Spielen strengte mich zunehmend an und der Spaß blieb aus, sodass ich irgendwann aufhörte. In den letzten Jahren hat sich schon einiges getan und so bin ich vor knapp drei Jahren staunend in die Gaming-Welt zurück gestolpert. Das Bewusstsein über Spielende mit Behinderung wächst – und das nicht erst seit dem Adaptive Controller von Xbox. Schon ein paar Jahre zuvor hat zum Beispiel Uncharted 4 einen “Einhand-Modus” eingeführt. Auch auf den Betriebssystemen der meisten Konsolen finden sich mittlerweile unterstützende Optionen. Das wichtigste ist, dieses Bewusstsein darüber, dass es behinderte Spielende gibt zu verstärken und zu schärfen. Die meisten Barrieren passieren unabsichtlich, genauso passiert aber auch zufällige Barrierearmut. Der Dialog zwischen behinderten Spielenden und den Game-Developern ist daher sehr wichtig. Holt euch behinderte Spielende mit verschiedenen Behinderung für Game-Tests. Ladet Spielende mit Behinderung ein, euch über ihre spezifischen Probleme, aber auch von den Erfolgen, beim Spielen zu erzählen. Und ganz wichtig: kommuniziert frühzeitig vor Release eure Steuerungs-Schemata und eure kompletten Optionen. Unabhängig davon, ob ihr Optionen zum Zwecke der Accessibility eingebaut habt oder nicht. Je genauer wir Spielenden mit Behinderung wissen, was wir anpassen können, desto früher sind wir bereit, euren Titel zu kaufen.

Du bist ein großer Fan von Musicals und Games. Was verbindet diese beiden Kulturformen?

Das ist eine interessante Frage, über die ich noch nie nachgedacht habe. Mir gefällt an den beiden Kulturformen, dass sie mich für eine gewisse Zeit woanders hinbringen, die eine tatsächlich auch räumlich, die andere virtuell. Beide können auf ihre Art schöne, spannende oder lustige Geschichten erzählen. Beide Interessen teile ich mit Freunden und wir tauschen uns darüber aus, besuchen Musicals gemeinsam oder spielen zusammen.

Vervollständige diesen Satz: „Den Deutschen Computerspielpreis im Live-Steam am 27. April darf kein Spiele-Fan verpassen, weil……“ ?

… wir sehr interessante Nominierte und Gewinner haben, die abgesehen von den internationalen Kategorien alle aus Deutschland kommen. Ihr solltet auf jeden Fall sehen, dass bei uns durchaus auch gute Spiele produziert werden und euch den ein oder anderen Namen merken.